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Freitag, 23. Januar 2009

Klage auf Versorgung mit "Speedy-Tandem"



Kein Anspruch auf motorgestützte Rollstuhl-Fahrrad-Kombination

Die Benutzung einer motorgestützten Rollstuhl-Fahrrad-Kombination dient nicht der Befriedigung der allgemeinen Grundbedürfnisse. Ein querschnittsgelähmter Versicherter der GKV hat daher keinen Anspruch auf Versorgung mit einer motorgestützten Rollstuhl-Fahrrad-Kombination. Dies entschied das Landessozialgericht Baden Württemberg mit Urteil vom 11.11.2008 (nicht rechtskräftig).

Klage auf Versorgung mit "Speedy-Tandem"


Die 1969 geborene Klägerin war bei der Beklagten krankenversichert. Infolge einer Querschnittslähmung war sie auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Beklagte versorgte die Klägerin seit 2007 mit einem Elektrorollstuhl.

Im Juli 2007 beantragte die Klägerin unter Vorlage einer entsprechenden Verordnung die Gewährung eines sogenannten „Speedy-Tandems“. Das „Speedy-Tandem“ ist ein speziell ausgerüstetes Fahrrad, an das der Rollstuhl über eine Stange angekoppelt werden kann. Im GKV-Hilfsmittelverzeichnis ist das Speedy-Tandem aufgeführt.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13.08.2007 ab. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2007 zurück. Die hiergegen gerichtete Klage der Klägerin vom 02.11.2007 wies das Sozialgericht Karlsruhe am 08.04.2008 mit Gerichtsbescheid ab.

Die Berufung der Klägerin vom 24.04.2008 gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 11.11.2008 als unbegründet ab.

Anspruch auf "Basisausgleich" im räumlichen Nahbereich

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg wies die zulässige Berufung der Klägerin als unbegründet ab. Das Sozialgericht Karlsruhe habe die Klage zurecht abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung einer motorunterstützten Rollstuhl-Fahrrad-Kombination habe.

Gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich seien, um eine Behinderung auszugleichen.

In Bezug auf die Klägerin komme lediglich der Ausgleich im Bereich der körperlichen Fortbewegung in Betracht. Ein Ausgleich im Bereich der körperlichen Fortbewegung sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur als „Basisausgleich“ für den räumlichen Nahbereich zu gewähren.

In Bezug auf die körperliche Fortbewegung im räumlichen Nahbereich sei die Klägerin mit dem vorhandenem Elektrorollstuhl ausreichend versorgt. Die Klägerin begehre über einen „Basisausgleich“ hinaus, derart versorgt zu werden, dass sie einem Gesunden auch im Bereich des Fahrradfahrens gleichgestellt werde. Dies überschreite den Bereich des Ausgleichs von Behinderungen im Bereich der Grundbedürfnisse, den allein die Beklagte schulde. Das Grundbedürfnis der Klägerin, sich einen gewissen körperlichern Freiraum zu erschließen, umfasse nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht das Radfahren.

Auch die Tatsache, dass die Klägerin ihren Elektrorollstuhl wegen des hügeligen Umlandes ihrer Wohnung nur eingeschränkt selbstständig nutzen könne, führe zu keinem Anspruch auf Versorgung mit einer Rollstuhl-Fahrrad-Kombination. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, Besonderheiten des Wohnumfelds eines Versicherten auszugleichen.

Auch die Aufnahme des Speedy-Tandems in das Hilfsmittelverzeichnis begründe keinen Anspruch auf Versorgung.

Die besondere Bedeutung gemeinsamer Familienausflüge als Faktor für die soziale Integration und Kommunikation des Behinderten begründe im Fall der Klägerin ebenfalls keinen Anspruch auf die Versorgung mit einem Speedy-Tandem. Das Bundessozialgericht habe derartige Versorgungsansprüche nur bei Versicherten im Kinder- und Jugendalter anerkannt. Diese seien aufgrund der besonderen Bedeutung sozialer und sonstiger Kontakte während des Heranwachsens auf eine besondere Integration in die Familie angewiesen. Da die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragsstellung, dass 37. Lebensjahr bereits vollendet habe, lasse sich diese Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Zudem bestünden andere Möglichkeiten des gemeinsamen Familienlebens, wie Beispielsweise Ausfahrten mit dem Auto.

SG Karlsruhe, Bescheid v. 08.04.2008, Az. S 3 KR 5313/07
LSG B-W, Urteil v. 11.11.2008, Az. L 11 KR 1952/08


(Text: Wilhelm Rechtsanwälte, Düsseldorf)

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